Pempelfort
Von Nicole Kampe
Bald soll das Treppenhaus umdekoriert werden, Teile des neuen Konstrukts hängen schon. Farbfänger haben die Kinder mit Heilpädagogin Pascale Latouche gebastelt, aus langen Weidenzweigen. Darin verflochten sind handbemalte Plexiglas-Scheiben, manche dekoriert mit Perlen. Sie sollen das Licht durchschimmern lassen, ein bisschen erinnern die Gebilde an Traumfänger.
Viel Zeit verbringen die Mädchen und Jungen, die im Kinderhilfezentrum untergekommen sind, im Werkhaus, dem Atelier der Einrichtung. Dort lernen sie Mosaike legen, sie malen Bilder, "oft von sich", sagt Latouche. Sie halten schöne Erlebnisse fest, die sie von einem Ausflug oder einem Fest mitgebracht haben. So viele Kunstwerke sind in dem Raum schon entstanden, so viele in der Einrichtung gezeigt worden.
Judith Knuff, Abteilungsleiterin des Kinderhilfezentrums Eulerstraße, und Michael Riemer vom Freundeskreis des Kinderhilfezentrums haben schon über eine größere Ausstellung nachgedacht.
"Anfragen hat es gegeben, von Politik und Unternehmen", sagt Riemer, die Bürgerstiftung soll interessiert sein. Eine tolle Rückmeldung für das Team des Kinderhilfezentrums und vor allem für die jungen Künstler, die es nicht leicht gehabt haben im letzten Jahr.
Wenn Judith Knuff bei Google Kinderhilfezentrum eintippt, kommen sie wieder, die Schlagzeilen und Berichte, die Erinnerungen an eine Zeit, die nicht einfach war. "Zwölfjährige im Düsseldorfer Kinderhilfezentrum mutmaßlich von zwei Flüchtlingen missbraucht" oder "Schwere Vorwürfe gegen das Kinderhilfezentrum Eulerstraße" sind die ersten Treffer, die die Suchmaschine anzeigt. "Das Internet vergisst eben nicht", sagt die Abteilungsleiterin. "Auch wenn sich die Vorwürfe als haltlos erwiesen haben."
Die Arbeit der Pädagogen und Ehrenamtler ist in den Hintergrund getreten, Spendeneinnahmen sind zurückgegangen. Judith Knuff, die im Frühjahr 2016 ins Kinderhilfezentrum gekommen ist und im September die Leitung übernommen hat, und Michael Riemer haben sich oft gefragt, ob sie offensiv gegen die Anschuldigungen vorgehen sollen, "aber wir wollten unsere Energie nicht in Richtigstellungen stecken sondern in die eigentliche Arbeit", sagt Knuff.
Um ein Drittel sind die Spenden in 2016 zurückgegangen, "gegen Ende des Jahres wurde die Bereitschaft zum Glück größer, sonst hätten wir 50 Prozent Einbußen gehabt", sagt Riemer. Brillen für Kinder, die in den Wohngruppen leben, werden von dem Geld gekauft oder Klassenfahrten unterstützt. Geld, das fehlt. Aber Riemer und Knuff blicken nicht mehr zurück, für sie geht es weiter, sie wollen Kindern und Jugendlichen helfen, ihnen ein Zuhause bieten - wenn auch nur vorübergehend.
Bis zu acht Jungen und Mädchen können in den vier verschiedenen Schutzgruppen leben, es gibt gemischte und nach Geschlecht getrennte. Manchmal sind es mehr als acht, "wir müssen Kinder aufnehmen", sagt Judith Knuff. Unterschiedlich lang bleiben sie dann, wenn alles gut läuft, hat es eine kurzfristige Krise gegeben in der Familie, die Kinder können schnell zurück zu den Eltern. "Wir haben ambulante Kräfte, die Familien betreuen", sagt Knuff, "manchmal müssen wir auch nach langfristigen Hilfen suchen."
Die gibt es zum Beispiel im DÜK, der Diagnostik- und Übergangsgruppe. Im Schnitt bleiben die Kinder neun Monate. Dort sollen sie zur Ruhe kommen, Stabilität, Fürsorge, Wärme erfahren. "Keine Macht und Abhängigkeit von Erwachsenen", sagt Pädagogin Sandra Geib. Was nicht heißt, dass es keine festen Zubettgehzeiten oder ein gemeinsames Abendessen gibt. "Aber die Kinder sollen mitbestimmen, gestalten", sagt Geib, die vor allem mit Therapie-Hund Elwen nicht nur einen schnellen Zugang zu den Bewohnern der Gruppe findet. "Auch mit Eltern kommt man so manches Mal über den Hund gut ins Gespräch."
Einzel- und Doppelzimmer gibt es in der DÜK, die die Kinder selbst dekorieren dürfen. Ein gemütliches Wohnzimmer, ein Spielzimmer, einen großen Balkon, auf dem im Sommer gegrillt wird. Nichts erinnert an ein Kinderheim, so wie es vor 40 Jahren eines war, als hohe, graue Mauern die Einrichtung versteckten, ein knarrendes Tor den Zugang versperrte. "Wir freuen uns, wenn die Kinder Freunde aus der Schule mitbringen", sagt Geibs Kollegin Vanessa Frings. Seit das Kinderhilfezentrum 1971 in städtische Hand übergangen ist, "versuchen wir uns nach Außen zu öffnen", sagt Michael Riemer, der sich seit 40 Jahren einsetzt für die Eulerstraße.
Der Spielplatz an der Annastraße zum Beispiel ist geöffnet worden für die Kinder aus der Nachbarschaft, aus dem Stadtteil. Dort soll bald das Haus der Begegnung entstehen, "damit Eltern ihre Kinder auch mal außerhalb der Mauern des Kinderhilfezentrums besuchen können", erzählt Knuff. Sie will Eltern stärken, damit die Kinder in die Familien zurück können, sie will mehr ambulante Helfer einsetzen, die Familien in der gewohnten Umgebung betreuen.
Und ganz wichtig: Kinder müssen ihre Rechte kennen - ob in der eigenen Familie oder bei Pflegeeltern. Dafür gibt es seit einiger Zeit einen Rechtekatalog, in dem auf Bedürfnisse und Wünsche eingegangen wird, Kontaktpersonen ganz individuell notiert werden und den die Kinder und Jugendlichen unterzeichnen – ganz offiziell. Damit sie sich auch wirklich auseinandersetzen mit dem, was sie dürfen und was sie nicht müssen.
Quelle: RP
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